„Truhenorgel mit vielen Facetten“
Die Truhenorgel von Kilian Gottwald in der Evangelischen Kirche Tann / Rhön
Gemeinhin versteht man unter einer Truhenorgel ein tragbares einmanualiges Instrument mit 2 bis maximal 5 Registern. Orgelbaumeister Kilian Gottwald aus Amöneburg ist es mit seiner für die Ev. Stadtkirche in Tann/Rhön erbaute Truhenorgel gelungen, ein Instrument zu konzipieren, das als Grundstock die erwähnten Eigenschaften besitzt, jedoch weit darüber hinaus klangliche und orgelbauliche Möglichkeiten und Ressourcen zusätzlich erschließt, die an eine „richtige“ Orgel heranreichen. Dazu gehören ein Registerfundus von 6 ½ Manualregistern, ein durch eine elektrische Traktur angebundener Subbass, Zweimanualigkeit und eine Transponiervorrichtung. Bei dieser Größe – sieht man vom angehängten externen Subbass einmal ab – bleibt die Orgel immer noch mobil und transportierbar.
Das Gehäuse besteht aus Eiche und hat eine ästhetisch ansprechende fischgrätenhafte Holzvergitterung in der Vorderfront. Die Truhenorgel steht auf einem wenig auftragenden fahrbaren Podest. Sie kann sowohl im Stehen als auch im Sitzen gespielt werden, was durch das abnehmbare Pedal gewährleistet ist.
Eine kreative und musikalisch ungemein bereichernde Einrichtung ist der externe Subbass 16‘, der an der Wand einer kleinen Seitenempore untergebracht ist und somit einen eigenen Resonanzraum erhalten hat, der der Klangentfaltung deutlich hörbar dienlich ist.
Die Tonhöhe liegt bei 440 Hz und ist damit an die große Hauptorgel angepasst. Die Tastenbeläge bestehen für die Untertasten aus Knochen, für die Obertasten aus Pflaumenholz mit Ebenholzauflage. Die Traktur ist aus stabilem und zugleich leichtem Carbon gefertigt, einem Material, das u.a. vorteilhaft auf Temperaturschwankungen reagiert. Die leichtgängige Traktur ermöglicht eine äußerst präzise und subtile Artikulation.
Eine Meisterleistung ist die Unterbringung von 6 ½ Registern bei nicht gerade groß ausgelegter Grundfläche und Raumhöhe. Hohe Intonationskunst und eine wohlüberlegte Konzeption haben zu einem Klangbild geführt, das weit über die genuin barocke Klanglichkeit einer Truhenorgel hinausgeht und sogar romantische Klänge hervorzaubern lässt. Die fein näselnde Gambe 8‘, die eine der Querflöte täuschend ähnelnde Flauto traverso 8‘ sowie der angehängte Subbass tragen erheblich dazu bei, Klangfarben, Klangzuwächse und Nuancen zur Geltung zu bringen, die man bei einem so kleinen Instrument üblicherweise nicht erwartet.
Obendrein lässt die Zweimanualigkeit zusammen mit dem Pedal triomäßiges Orgelspiel zu.
Als sozusagen kulturheimtlichen Bezug lehnt sich die Disposition fast identisch an das Instrument an, das Johann Michael Bach (sog. „Tanner Bach“), der in Tann von 1785-1820 als Kantor wirkte, zur Verfügung stand. Auf diesen musikhistorischen Bezug weist ein über dem 2. Manual angebrachtes Schildchen hin: „In memoriam Johann Michael Bach 1745 – 1820“.
Informationen:
- Tastenumfang Manual C-f‘‘‘, Pedal C-d
- Stimmtonhöhe 440 Hz bei ca. 17° C
- Transponiervorrichtung auf 415 Hz
- Winddruck 80 mm/WS
Disposition:
- Manual I
- Flauto traverso 8‘
- Gamba 8‘
- Principal 4‘
- Quinte 2 2/3‘ (ab a°)
- Octave 2‘
- Manual II
- Lieblich Gedackt 8‘
- Kleingedackt 4‘
- Pedal
- Subbass 16‘
Manualkoppel
Pedalkoppel fest an I
Text und Bilder:
OSV Klaus Vogt
Musik:
Thomas Nüdling
Kontakt:
Ev. Pfarramt
Annastraße 6 | 36142 Tann
Tel.: 0 66 82 / 266 | Mail: pfarramt1.tann@ekkw.de
Thomas Nüdling
Mail: thomas.nuedling@web.de
Orgelbau Kilian Gottwald
Karlstraße 6 | 35287 Amöneburg
Tel. 0 64 22 / 890 789 | Mail: kiliangottwald@web.de