Kirchensänger*in-Ausbildung erfolgreich gestartet

Kinzigtal-Nachrichten berichten über Kursbeginn in Schlüchtern

 

Ein weltweit wohl einmaliges Projekt - Kirchenmusikalische Fortbildungsstätte bildet „Kirchensänger“ aus

Hinter Schlüchterns Klostermauern verbirgt sich ein großer Schatz: Die Kirchenmusikalische Fortbildungsstätte (KMF). Deutschlandweit und darüber hinaus genießt sie einen exzellenten Ruf. Jetzt lässt sie mit einem ganz speziellen Kurs zusätzlich aufhorchen.

Von Ulrich Schwind

„Ausbildung Kirchensänger/in“ heißt das neue Angebot für Ehrenamtliche, was in dieser Form nach Angaben des Leiters der Einrichtung, Andreas Schneidewind, wohl weltweit einmalig sein dürfte. Vom vergangenen Freitag bis Sonntag war das erste von drei Wochenend-Modulen in der Bergwinkelstadt. 25 Interessierte ließen sich unter der Regie von Kirchenmusiker Timm Siering in die Feinheiten der Kirchenmusik einweisen. Die Teilnehmer zeigten sich zum Auftakt in Schlüchtern „total neugierig und enthusiastisch“, so die Einschätzung Sierings.


Am Anfang steht das Kennenlernen des stimmlichen Potentials und die Grundlagen des Umgangs mit der eigenen Singstimme. Später geht es beispielsweise um das Anstimmen und Anleiten von Liedern und Kanons. Auch tiefere Einblicke in den Aufbau des Gesangbuches und der Gottesdienste sowie den Verlauf des Kirchenjahres sind Themen. Das Angebot des Lehrgangs geht bis hin zur Einzelstimmbildung.


Auf diese Weise fit gemacht, werden die Teilnehmer nach Ende des Kurses im August wieder in ihre Gemeinden entlassen, um dort den Gottesdienst musikalisch zum Lobe Gottes zu bereichern. Als Vorsingende oder im Wechselgesang sollen sie den Ablauf lebendiger gestalten, beim Einstudieren neuer Lieder helfen und anführend mitsingen. So können sie den Gottesdienst in Zusammenarbeit mit den Instrumentalisten, als kleine Gruppe oder im „Worst Case“-Fall alleine musikalisch gestalten.


Schon seit rund vier Jahren schwirrt der Gedanke dieses neuen Kursangebotes in der Landeskirche umher. Da auch Fördermittel aus einer Kollekte bereitstanden, ging es im Jahr 2018 in eine Testphase. Mit Erfolg. Zu vier Schnuppersamstagen in den vier Sprengeln der Landeskirche kamen über 60 Interessierte. Nun starteten in diesem Jahr zwei Ausbildungspakete. In Gensungen wird der Kurs an sechs Einzeltagen angeboten, in Schlüchtern an drei Wochenenden. Dozenten sind ausschließlich studierte Kirchenmusiker. Insgesamt gibt es 55 Teilnehmer. Auf einer Warteliste stehen 22 weitere Namen. Am Ende wird ein Zertifikat verliehen. Andreas Schneidewind findet das große Interesse „erstaunlich“. Schließlich handelt es sich um ein Ehrenamt. „Offensichtlich haben wir den Nerv getroffen“, freut sich der 46-Jährige.


Die Kirchenmusikalische Fortbildungsstätte der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck in Schlüchtern ist mit rund 35 Kursangeboten pro Jahr in der Evangelischen Kirche in Deutschland die größte und bekannteste außerhochschulische Aus- und Fortbildungsstätte für Kirchenmusiker.


Gerade hat Leiter Andreas Schneidewind die Daten für 2018 zusammengefasst. Insgesamt 444 Menschen besuchten einen Kurs. Besonders erfreulich ist der Anstieg der unter 18-Jährigen um rund ein Drittel auf nunmehr 90. Rechnet man noch die 62 Gäste im Alter zwischen 18 und 25 hinzu, ergibt sich ein starkes Interesse junger Menschen. Ein Großteil der Teilnehmer stammt aus den Landeskirchen Kurhessen-Waldeck sowie Hessen-Nassau, mit der seit 2014 eine enge Kooperation besteht. Doch auch aus den übrigen Regionen Deutschlands – beispielsweise aus der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz - bis hin aus Österreich und der Schweiz kommen Teilnehmer.
Kein Wunder, schließlich gibt es bei der KMF Schlüchtern keine starre Struktur. Sie bietet als Besonderheit ein individuelles und flexibles C-Ausbildungskonzept. Bei dem Modulsystem können Interessierte jederzeit einsteigen und selbst bestimmen, wann sie die Abschlussprüfung machen.


Doch nicht nur das Konzept der Einrichtung überzeugt, sondern „die wunderbaren Räumlichkeiten im historischen Ambiente“, schwärmt Schneidewind. Diese einmalige Atmosphäre springe gerade auf junge Teilnehmer über. Schneidewind spricht da gerne von einem „Biotop“.

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